Thulium-Faserlaser - der nächste Meilenstein in Lasertechnologie.
Erläuterung der Thulium-Faserlasertechnologie
Der Thulium-Faserlaser (TFL) verwendet als aktives Lasermedium eine lange, dünne und mit Thulium dotierte Quarzfaser. Mehrere Diodenlaser pumpen Energie durch die Faser und regen die Thulium-Ionen an. Die Photonen werden bei einer Wellenlänge von 1940 nm emittiert und über eine abgehende Laserfaser auf das Operationsfeld ausgerichtet.
Zur Auswahl stehen zwei Betriebsmodi - der kontinuierliche und der gepulste Modus. Außerdem ist der TFL in der Lage, mit verschiedenen Energie-, Frequenz- und Pulsformeinstellungen zu arbeiten. Eine hocheffiziente Pulsmechanik erlaubt es, hohe Leistungen bei geringer Wärmeentwicklung zu realisieren. Dementsprechend ist die Kühlvorrichtung im Gerät gegenüber anderen Lasersystemen deutlich kleiner, was das Gesamtgewicht eines TFL-Systems reduziert. Dank des dünnen Verstärkungsmediums und des gleichmäßigeren räumlichen Profils können kleinere chirurgische Fasern als bei anderen Lasertechnologien verwendet werden.
Wichtige klinische Anwendungen der TFL-Technologie
Steintherapie
Eine der wichtigsten Anwendungen der Lasertechnologie (einschließlich Ho:YAG und TFL) ist die flexible Ureteroskopie zur Behandlung von Harnleiter- und Nierensteinen. Dieses diagnostische und therapeutische Verfahren ermöglicht eine minimalinvasive Steinbehandlung ohne Verletzung der Hautbarriere.
Behandlung von Weichteilgewebe
Die hochmoderne Thuliumfaser-Lasertechnologie erlaubt die Durchführung von Diagnoseverfahren sowie die Behandlung von Weichteilerkrankungen, einschließlich der Behandlung der gutartigen Prostatahyperplasie (BPH).
BPS-Behandlung
Die Laserbehandlungsoptionen für BPS (BPH, Benign Prostate Hyperplasia) umfassen Vaporisation, endoskopische Enukleation (EEP), Resektion und Ablation. In der Mehrzahl der Fälle ist die EEP die bevorzugte Methode. Obwohl diverse Laser für EEP-Therapien getestet worden sind, hat sich aufgrund ihrer signifikanten Wirksamkeit die Holmium-Laser-Enukleation (HoLEP) als die bevorzugte Methode durchgesetzt. Sie gestattet das Entfernen einer großen Gewebemenge bei Prostatae aller Größen.
Allerdings könnte die jüngste Erweiterung des urologischen Arsenals um den Thuliumfaserlaser zu einem Paradigmenwechsel führen. Da der TFL eine identische Durchschnitts- und Spitzenleistung von 100 W hat, ermöglicht der Laser saubere und präzise Schnitte, hat aber weniger Risiko, das Gewebe zu verletzen.
Was sind die Unterschiede zwischen Ho:YAG- und Tm-Faser-Technologien?
"Feiner und schneller"
Der Holmium:YAG-Laser wird seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Urologie eingesetzt (hier erfahren Sie mehr über den Ho:YAG-Laser). Verschiedene wesentliche Vorteile gegenüber gängigen Lithotripsieverfahren haben dieses System als Hauptlaserlithotripter etabliert [1, 2]. Jedoch haben die jüngsten technologischen Fortschritte eine neue vielversprechende Technologie hervorgebracht - dem Thulium-Faserlaser.
Früheren Studien zufolge verfügt der Thulium-Faserlaser im Vergleich zum Ho:YAG-Laser bei der Laserlithotripsie über folgende Vorteile [1,2]:
Hochwirksame Fragmentierung und Pulverisierung
Obwohl der Holmium:YAG (Ho:YAG)-Laserlithotripter mit hohen Pulsenergien arbeiten kann, ist der effiziente Betrieb während der Lithotripsie auf niedrige Pulsraten (∼10 Hz) beschränkt. Umgekehrt ist der Thulium-Faserlaser auf niedrige Pulsenergien beschränkt, arbeitet aber effizient bei hohen Pulsraten (bis zu 1000 Hz). Die höhere Pulsrate optimiert die Pulverisierung in beträchtlichem Maße - höhere Staubmenge sowie kleineres Partikelvolumen [1,2].
Erhöhtes Sicherheitsprofil
Die TFL-Wellenlänge (λ = 1908 nm) erreicht das Optimum der Hochtemperatur-Wasserabsorption im Gewebe besser als dies bei der Ho:YAG-Wellenlänge (λ = 2120) der Fall ist. Konsequenterweise wird so das Abtragen von Steinen optimiert [2]. Darüber hinaus bedeuten eine geringere Gewebe- und Wassereindringtiefe entscheidende Vorteile für die Sicherheit der TFL [1].
Verbesserte Handhabung durch kleinere Fasern und bessere Bedienbarkeit
Der aus dem chirurgischen Faseranschluss austretende Laserstrahl ist etwa 16-mal kleiner, so dass der Durchmesser der Faser von 200 µm auf 50 µm reduziert werden kann. Dadurch ist es möglich, die Laserenergie zu erhöhen und ein fokussierteres Laserlicht zu erzeugen: 70 µm bei TFL vs. 300 µm bei Ho:YAG. Die Flexibilität kleinerer Fasern vereinfacht die Verwendung eines winzigen Ureteroskops an anspruchsvollen anatomischen Stellen signifikant [1,2]. Zusätzlich sind die TFL-Laserfasern bruchresistenter und haben einen geringeren Rückbrand des Laserfasers, so dass die Lebensdauer der Faser gesteigert und die Betriebskosten gesenkt werden.
Ein TFL-System ist kleiner, leichter, insgesamt leiser und nutzt eine normale Steckdose. Zudem entfällt die bislang nötige Wasserkühlung. Weiterhin müssen die Lampe sowie der Laserspiegel vor dem Eingriff nicht ausgerichtet werden. Dieser Komfort spart im OP wertvollen Platz und Installationskosten und erlaubt ferner den spontanen Einsatz des Geräts, falls die Entscheidung für eine Laseroperation getroffen wird.
Bessere Sicht mit geringerer Retropulsion
Im Vergleich zum Ho:YAG-Laser lässt sich eine deutliche Senkung der Retropulsion konstatieren. Darüber hinaus ermöglicht die kleinere Faser eine bessere Spülung durch den winzigen Arbeitskanal im Instrument. Dies bewirkt eine verbesserte Sichtbarkeit und somit gegebenenfalls eine erhöhte Sicherheit des Verfahrens.
Last but not least: Super-Impulserzeugung
Die Thuliumfaser in TFL gestattet eine Pulsverlängerung von bis zu 12 ms. Die Pulse sind regelmäßig. Als Folge davon verfügt die vom Laser erzeugte Leistung über eine konstante Spitze, den so genannten „Superpuls“. Dieser Pulsationseffekt ist über die Zeit stabil, so dass eine zuverlässige Laserleistung zur Verfügung steht. Im Gegensatz dazu sind die von Ho:YAG-Lasern erzeugten Pulse nicht gleichmäßig.
Referenz
- Traxer O, Keller EX. Thulium fiber laser: the new player for kidney stone treatment? A comparison with Holmium:YAG laser. World J Urol. 2020 Aug;38(8):1883-1894. doi: 10.1007/s00345-019-02654-5. Epub 2019 Feb 6. PMID: 30729311; PMCID: PMC7363731
- Blackmon RL, Irby PB, Fried NM. Comparison of holmium:YAG and thulium fiber laser lithotripsy: ablation thresholds, ablation rates, and retropulsion effects. J Biomed Opt. 2011 Jul;16(7):071403. doi: 10.1117/1.3564884. PMID: 21806249
- Kronenberg P, Traxer O. The laser of the future: reality and expectations about the new thulium fiber laser-a systematic review. Transl Androl Urol. 2019 Sep;8(Suppl 4):S398-S417. doi: 10.21037/tau.2019.08.01. PMID: 31656746; PMCID: PMC6790412.
- Panthier, Frédéric et al. “Comparison of the ablation rates, fissures and fragments produced with 150 µm and 272 µm laser fibers with superpulsed thulium fiber laser: an in vitro study.” World journal of urology vol. 39,6 (2021): 1683-1691. doi:10.1007/s00345-020-03186-z
- Keller, Etienne Xavier et al. “Thulium fiber laser: ready to dust all urinary stone composition types?.” World journal of urologyvol. 39,6 (2021): 1693-1698. doi:10.1007/s00345-020-03217-9
- Andreeva, Viktoria et al. “Preclinical comparison of superpulse thulium fiber laser and a holmium:YAG laser for lithotripsy.” World journal of urology vol. 38,2 (2020): 497-503. doi:10.1007/s00345-019-02785-9
- Kronenberg, Peter et al. “Outcomes of thulium fibre laser for treatment of urinary tract stones: results of a systematic review.” Current opinion in urology vol. 31,2 (2021): 80-86. doi:10.1097/MOU.0000000000000853
- Khusid JA, Khargi R, Seiden B, Sadiq AS, Atallah WM, Gupta M. Thulium fiber laser utilization in urological surgery: A narrative review. Investig Clin Urol. 2021;62(2):136-147. doi:10.4111/icu.20200467